Erzförderung in Welschbillig und Eisenach
von Werner Weber Eisenach
Beim Herleiten des Namens Welschbillig vermutet wohl niemand, dass jemals Eisenerze auf dessen Fluren ausgegraben wurden. Anders verhält es sich mit dem Ort Eisenach, dessen Namensherkunft über den Wortstamm Isen (altdeusch Eisen), als Isenach oder auch Hisnanca in die Geschichtsbücher einging. Dabei waren wohl vordergründig die oberflächlichen Braunerzknollen oder Bonerze gemeint, die hauptsächlich auf den Fluren Hagedorn und Niersch noch immer zu finden sind. Diese Bonerze hat man eingesammelt und mit Wagen zu den Eisenschmelzen gebracht. Eine willkommene Einnahme neben den kargen Erträgen der Felder.
Westlich des Waldes Conzelt kamen Eisenschlackefunde vor, die auf Verhüttung dieser Erzknollen schon in der Kelten- und Römerzeit hindeuten. Die Felder dieser Funde befinden sich auf den heutigen Gemarkungen der Dörfer Eisenach und Welschbillig. Hierbei ist interessant, dass vielfach nicht bekannt ist, wo die Grenze zwischen deren Fluren verläuft. Dabei ist es recht einfach die Welschbilliger und Eisenacher Banne auseinander zu halten. Recht deutlich ist dies sichtbar, wenn man sich auf dem höchsten Punkt im Bereich Conzelt befindet, wo rechts eine Baumreihe den Weg begrenzt. Hier verlaufen die Felder, die zum Eisenacher Bann gehören, von West nach Ost und die Welschbilliger Felder von Süd nach Nord ( mit Ausnahme einiger weniger Grundstücke).
Nun fragt sich natürlich der aufmerksame Leser, warum ich diesen Grenzverlauf so genau beschreibe. Der sich in der Geschichte von Welschbillig bestens auskennende Heimatforscher Eduard Lichter schreibt nur wenig über die Erzförderung in der Helenengrube bei Welschbillig. Da er dies in Welschbillig und Umgebung nur als Quellenhinweis angibt, möchte ich darüber ausführlicher berichten.
Von einigen Welschbilliger Bürgern habe ich erfahren, dass sie sich noch an Erzählungen über den Erzabbau auf ihrer Flur erinnern. Dieses soll am Weg, der vom Ortsteil Kunkelborn zum Wald Conzelt führt (früher noch am besonders hügeligen Gelände), sichtbar gewesen sein. Auch der Flurname Erzkaul ist ein Hinweis auf den Abbau von Erzen auf dieser Flur.
Oft hört man, es sei alles schon einmal dagewesen. In der Tat, es muss beim Suchen nach Gemarkungen, die sich zum Erzabbau eignen, ähnlich zugegangen sein wie mit dem derzeitigen Suchen nach geeigneten Standorten zum Bau von Windrädern. Wer zuerst da ist, mahlt zuerst, sagt der Volksmund. Nach diesem Motto versuchten die heimischen Eisenschmelzen überall ihre Rechte abzustecken. So hat am 19. Juli 1838 Emmanuel Johann Anton Servais, der Besitzer der Eisenhütte Weilerbach, beim Königlich Preußischen Ober – Bergamt für die Niederrheinische Provinz die Genehmigung zum Erzabbau für das Eisensteinbergwerk Helenengrube bei Welschbillig beantragt. Diesen beantragten Abbau sollte eine Fläche von 276 Hectar und 35 Aren umfassen.
Gegen Norden zwei gerade Linien, die erste 273 Lachter Lang, von einem Gemarkungsstein der Gemeinden Eisenach und Welschbillig Punkt a. bis auf die nördliche Ecke des Wäldchens, genannt Zanges, (Conzelt) punkt b. die zweite 552 Lachter lang bis an das Barrierehaus zu Helenenberg.
Gegen Osten durch die Kunststraße von Bittburg nach Trier von Punkt c. bis an das rechts an dieser Straße gelegene Häus´chen, zum schwarzen Kreuz, genannt Punkt d.
Gegen Süden durch zwei geradene Linien, die erste 652 Lachter lang vom Punkt d. bis an ein auf dem Kirchberg einzeln stehendes Apfelbäumchen Punkt e., die zweite 125 Lachter lang bis an Banngrenze der Gemeinde Welschbillig und Ralingen Punkt f.
Gegen Westen die eben gedachte Banngrenze von Punkt f. bis an das Wäldchen Kortbüsch genannt, wo sich die Bänne der Gemeinden Welschbillig und Ralingen begrenzen, Punkt g. und von diesem Punkte eine 558 Lachter lange Linie bis zu Anfangspunkte a.
An die Oberflächenbesitzer wird eine Grundrechtsentschädigung von jährlich 2 Pfennigen pro Hectar festgesetzt.
Bonn den 19. Juni 1838
Nach Aussage dieser Mitteilung befand sich das angegebene zur Ausbeutung beantragte Gebiet westlich der Straße Trier Bitburg in Richtung Eisenach. Leider sind die mit Punkten angegebenen dazu gehörenden Karten nicht mehr auffindbar.
Quelle: Amtsblatt der Königlich Preußischen Regierung zu Trier Nr. 33, Seite 369, Jahrgang 1838
Die Angaben in Lachter zwischen den Punkten waren damals im Bergbau üblich. Ein Lachter ist ungefähr 1,80 m – 1,90 m lang, er entspricht der Länge der ausgebreiteten Arme eines erwachsenen Mannes. Zum Vermessen eines größeren Gebietes benutzte man eine Lachterschnur mit einer Länge von 10 – 12 Lachtern.
Ob das Erzgraben erfolgreich war, ist nicht vermerkt. Eine Erweiterung des Grubenfeldes erfolgte allerdings schon im nachfolgenden Jahr 1839.
In diesem genannten Jahr beantragte die Weilerbacherhütte eine Erweiterung ihres Grubenfeldes, und zwar diesmal auch jenseits der Chaussee von Trier nach Aachen. Dieses zusätzliche Feld sollte 627 ha und 28 Aren betragen, also mehr als das Doppelte des vorhergehenden.
Gegen Süden eine gerade, 666 Lachter Linie von dem südöstlichen Grenzpunkte der Helenengrube, einem an der Chausse von Trier nach Aachen gelegenen Häus`chens, genannt zum Schwarzen Kreuz, bis an eine oberhalb des Dorfes Welschbillig nahe an dem von Welschbillig nach Trier führenden Wege bei einem Kalkofen stehenden einzelnen Birnbaum, bezeichnet mit einem eingeschnittenen Kreuz.
Gegen Osten zwei gerade Linien. Die erste von dem oben bezeichneten Birnbaum in 462 Lachter Länge bis an ein am Wege von Welschbillig nach Eisenach und Ralingen stehendes Heiligenhäus`chen; die zweite 762 Lachter lang von diesem Heiligenhäus`chen bis auf einem an dem Lochpesch stehenden Grenzstein zwischen den Gemeinden Welschbillig und Idesheim.
Gegen Norden zwei gerade Linien. Die erste, 215 Lachten lang, von dem bezeichneten Grenzstein bis auf den, an der Trier – Aachener Chausse stehenden Grenzpfahl zwischen dem Landkreis Trier und dem Kreise Bittburg; die zweite 1020 Lachten lang von dem erwähnten Grenzpfahl bis an die äußerste nordwestliche Grabenecke des Eisenacher Wäld`chens, zwischen Eisenach und Helenenberg.
Gegen Westen zwei gerade Linien. Die erste 360 Lachter lang von der eben bezeichneten Waldecke bis auf ein, in der Schuberswiese (Schuwelich) stehendes Kreuz, genannt Schuberskreuz (Schöben, Heintzen); die zweite 690 Lachen lang von dem Schuberskreuz bis auf Punkt g der Helenengrube, auf welchem sich die Bänne von Ralingen, Welschbillig und Eisenach vereinen.
Quelle: Amtsblatt der Königlich Preuß. Regierung zu Trier, Nr.18, vom 11. April 1839, Seite 183
Wie das Erz abgebaut wurde, ist nichts erwähnt. Allerdings kennen wir aus anderen Quellen wie in diesen Grubenfeldern gearbeitet wurde. Zuerst wurde das Erdreich über den Erzvorkommen abgenommen und auf große, lang gestreckte Halden aufgeschüttet. Nach der Entnahme des Erzes wurde die Erde wieder aufgefüllt. Diese Abbaumethode wurde mit Hacke und Schaufel durchgeführt, da die, unter dem Mutterboden ruhende Erzschicht war meist nur spatentief war. Durch dieses Umgraben entstand diese, früher in der sogenannten Welschbilliger Erzkaul beobachtete Hügellandschaft, die durch die spätere Landbewirtschaftung allerdings nicht mehr zu sehen ist. Im Wald Nirsch befindet sich eine recht eindrucksvolle Grube, mit einer Größe von 40 m Breite und über 60 m Länge. Am nördlichen Ende ist sie bis zu 4 m tief in den Waldboden eingegraben. Es wird vermutet, es könnte sich um die in diesem Bereich genannte Helenenerzgrube handeln. Ich denke, dass es sich hierbei eher um eine Lehmgrube handelt, zum Gewinnen des Lehm - und Tonmaterials für die Ziegelbrennerei auf der Windmühle. Jede Gemeinde hatte zu der damaligen Zeit eine Grube zur Lehmentnahme, da Lehm zu jedem Hausbau benötigt wurde.
Auffallend ist, dass kein Aushubmaterial mehr vorhanden ist. Wahrscheinlich wurde alles Material vollständig aufgebraucht.
Im Eisenacher Messebüsch sind Lehmgruben bekannt, die gleichzeitig als Erzgruben angegeben sind.
Dass man auf allerlei Überraschungen beim Bodenausheben gefasst sein muss, ist nichts Ungewöhnliches. So sah ich beim Ausheben eines Fundamentes für ein Windrad zwischen den erwähnten Wäldern Nirsch und Kortbüsch, in ca. 4 m Tiefe, eiförmige, einem Diskus ähnliche Steine, die meine Neugier weckten. Ihrer Form wegen nannte ich sie Eisenacher Eier. Da ich Derartiges noch nicht gesehen hatte, benachrichtigte ich einen mir bekannten Fachmann, den Geowissenschaftler Professor Dr. Werle aus Trier. Diese Gebilde aus dem Eifelboden waren auch ihm nicht bekannt. Er meinte, erst ein Durchsägen einiger Eisenacher Eier könnte etwas mehr über ihre Entstehung aussagen. Beim Betrachten der zersägten Eier stellte Professor Werle folgende Hypothese zu deren Entstehung auf:
Am Anfang einer solchen Konkretion steht ein Kongretionskern um den sich Materialien schichtweise anlagern. Ein solcher Kern können organische Reste sein, Muscheln, Fische Kot Pflanzenteile, wie sie in dem flachen Keupermeer reichlich vorhanden gewesen sein mögen. Komplizierte biochemische Reaktionen führen in einem Ambiente zur Anlagerung von anorganischem Materialien. Je nach Konzentration der Mineralien können dann unterschiedlich dicke Konkretionen heranwachsen mit unterschiedlichen Durchmessern. Dieser Entstehungsprozess könnte vor mehr als 200 Millionen Jahren begonnen haben.
Anmerkung: Konkretionen sind Anreicherungen von Eisen und Manganoxiden, dadurch können Rasen – oder Braunerzknollen entstehen.
In weiteren Untersuchungen an der Uni Trier von Professor Frank Wagner und Melanie Schultz wurden nun die Bestandteile der Eisenacher Eier untersucht. Dabei ergab sich Folgendes:
Die äußeren Schichten bestehen aus Ouarz, Orthoklas, Illit und Geothit. Weiter folgt eine Schicht aus eisenhaltigen Bestandteilen wie Siderit, Mangnetit, Gostit und Illit.
(Siderit kann einen Eisengehalt von 50% erreichen und wurde früher zur Eisenverhüttung verwendet).
So sind die beschriebenen Eisenacher Eiseneier ein wertvolles Rohmaterial für die Eisenschmelzen gewesen.
Dies wirft nun allerdings die Frage auf, hat man bewusst nach Eisenknollen gesucht, oder sind diese beim Lehmabbau zufällig gefunden worden?
Im Eisenacher Wald scheint letzteres zutreffend zu sein. Dort sieht man Lehmgruben und in der unmittelbarer Nähe sind in alten Flurkarten Erzgruben eingezeichnet.
Für weitere Hinweise zur Erforschung des Erzabbaus in unseren Fluren wären der Autor und sicher auch die Welschbilliger Heimatfreunde sehr dankbar.
Quellen: Amtsblatt der Preußischen Regierung zu Trier, 1838 und 1839
Jahrbuch Kreis Trier – Saarburg 2013 Otmar Werle und Melanie Schultz
Eisenacher Eier, eine Geologische Spezialität aus dem Bitburger Gutland
Wenn sie mehr über die Eisenacher Eier erfahren möchten, können Sie sich auf meiner Homepage weber-eisenach.de einen Film anschauen unter dem Titel: Ein Dorf in der Eifel, Teil 1. Er zeigt u. A. das Durchtrennen eines dieser eiförmigen Gebilde mit einer Spezialsäge. Produziert hat diesen Film meine Schwester Gisela Wagner.